Chilkoot Trail - Alaska/Canada - September 2008

Die Idee:
Alles begann mit der Befahrung des Teslin Rivers 2005, dort entfachte sich mein Interesse für Kanada, insbesondere für die Wildnis des Yukons.

Wir beschlossen zu sechst den Big Salmon River 2008 zu befahren und rechneten mit 3 Wochen Aufenthalt, da ich schon mehrmals daran dachte den Chilkoot Trail zu begehen, beschloss ich mit einem Freund eine Woche früher nach Whitehorse zu fliegen und vorher noch nach Alaska zu fahren und den Chilkoot Trail endlich zu machen.

Gesagt getan.

Eckdaten:
Streckenlänge: ca 68 Km
Höchster Punkt: 1063 M


Die Anreise

Ende August gings dann los, mit der Bahn gings ab nach München, nach 4,5 kalten Stunden und ca 15 skurilen Positionen auf der Stahlbank der münchner Bahnhofshalle fuhr endlich der lang ersehnte Zug ein, leider nicht wie geplant auf Gleis 19 sondern auf Gleis 24. Also musste unser Gepäck (jeder hatte einen riesigen Seesack und eine Alu Zargesbox, da wir auch schon Gemeinschaftsmaterial für den Big Salmon dabei hatten) auf die andere Seite des Bahnhofs.

Nach weiteren 4,5 Stunden Zugfahrt kamen wir erschöpft in Frankfurt an, am Flughafen-CheckIn gabs schon die ersten Probleme.
Der Flug wurde abgesagt und wir mussten einen Tag in einem Flughafenhotel warten. (diese Panne hat unseren Zeitplan ziemlich durcheinader gebracht)

Am nächsten Tag gings dann pünktlich in die Maschine, leider gabs auch hier schon wieder Komplikationen, da ein Passagier nicht auffindbar war, also musste sein gesamtes Gepäck wieder ausgeladen werden, das dauerte etwas länger da er einer der ersten war der am Vortag eingecheckt hatte.
Der Flug verlief bis auf einige Turbulenzen ganz ruhig, aber nach der Landung gabs schon die nächste Panne, die Gangway war defekt, also wieder warten :)


Ankunft in Whitehorse:
Endlich draußen, sofort gings auf den Robert Service Campground den ich bereits von 2005 kannte. Zelt raus und ab zum Einkaufen war angesagt, da wir am nächsten Tag bereits Tickets für die Whitepass & Yukon Route hatten (Uns fehlte ja leider ein Tag durch die Pannenanreise).
Nachdem wir alle Besorgungen erledigt hatten, gabs noch einen Schlummertrunk in einem Pub und dann hieß es ab in den Schlafsack.

Am nächsten Morgen gings dann ab in die Stadt zum Bahnhof, leider fiel meinem Begleiter dann erst auf, dass er seinen Pass im Campground liegen gelassen hat :/ der freundliche Busfahrer machte aber einen kleinen Abstecher und die Sache war geritzt. (Ohne Pass geht da nix, die Einreisebestimmungen in den USA sind berüchtigt)


Mit der Whitepass Railroad nach Alaska

Nach einem kleinen Zwischenstopp in Carcross gings dann weiter nach Fraser, wo wir in die Whitepass Railroad umstiegen. Ich kann nur jedem empfehlen mal mit der Bahn zu fahren wenn die Möglichkeit besteht, da dies wirklich ein Highlight ist.
Die Landschaft ist wirklich atemberaubend schön und da der Zug ordentlich geheizt wird fühlt man sich auch bei eisigen Temperaturen sehr wohl.

Nach der Fahrt über den White-Pass kamen wir dann in Skagway in Alaska an, innerhalb vom Sekunden ist der kleine Bahnhof überflutet von Menschen, natürlich wurden uns im Zug unsere Pässe abgenommen, diese muss man im Emigrate Office abholen und den US Einreisequatsch mitmachen (Foto,Fingerabdruck,... usw.)


Skagway die Goldgräberstadt

Als erstes gings auf den kleinen Campground am Ende des Städtleins!
Skagway ist wirklich ein sonderbares Nest, überflutet von Kitsch und Ramsch baut die Stadt komplett auf Souvenier und Schmuckhandel auf.
Die Öffnungszeiten richten sich nach den grossen Kreuzfahrtsschiffen die jeden Tag einlaufen und TAUSENDE Touristen nach Skagway bringen.
Am nächsten Morgen kauften wir noch die letzten Ausrüstungsgegenstände ein und gingen ins Park Office um unsere Permits abzuholen. Um 17:00 Uhr fuhren wir dann mit einem Taxi nach Dyea.


Dyea - Trailhead

Der Ausgangspunkt für die Tour, der Trailhead, befindet sich nur einige 100 Meter hinter dem Campground.
Es war kein Ranger im Camp und so suchten wir uns das gemütlichste Plätzchen mit einer guten Feuerstelle und schlugen unser Lager auf.
Um 09:30 des nächsten Tages gings dann ab zum Trailhead.


Dyea - Finegans Point - Canion City

Die erste Etappe hat es gleich in sich, mit schwerem Rucksack gehts erst mal einige steilere Trampelpfade hoch, nach dichtem, sumpfigen Blätterwald kamen wir zu den berüchtigten, überfluteten Bretterwegen die sich durch den Wald schlängeln (wiklich toll).
Nach 2,5 Stunden war das Camp Finegans Point in Sicht, dieses wirkte nicht sehr einladend also machten wir nur eine kurze Rast und gingen nochmals ca 2,5 Stunden weiter bis nach Canion City.
Wir waren erstaunt wie lange man für angeblich 12 Kilometer brauchen kann da wir nicht mal ein langsames Tempo angeschlagen hatten.
Wie sich rausstellen sollte waren wir nicht die Einzigen die der Meinung waren, dass die Entfernungsangaben nicht wirklich zu gebrauchen sind. Teilweise findet man Hinweistafeln die behaupten es wäre nur noch 1 Meile bis zum Camp, die man aber nach 40 Minuten immer noch nicht erreicht hat.
Canion City ist wirklich ein tolles Camp, es hat eine alte Hütte und einen Shelter, direkt am Fluss gelegen ist die Trinkwasserfrage auch gelöst. Leider gab es aufgrund des ständigen Regens kein trockenes Holz, bis auf einige Baumrinden, um ein Feuer im alten Ofen zu entzünden.
Da wir auf dem gesamten Weg sehr viel frische Spuren (dampfende Haufen, und Abdrücke im Matsch) von Bären sahen war uns in der Nacht etwas unwohl da wir den ganzen Tag keine Menschenseele angetroffen haben.


Canion City - Sheep Camp

Wir haben heute etwas länger geschlafen da es laut Literatur eine kürzere Etappe sein sollte.
Bevor wir uns auf den Trail begaben, machten wir noch einen Abstecher zum originalen Standort von Canion City, es geht über eine alte Hängebrücke auf die andere Flusseite und dort ca 500 Meter auf einem Trampelpfad bis zu den alten Relikten wo einst eine Seilbahn das Material zum Pass hinauf befördert hat. Viele Überbleibsel sind zu erkunden, das Herzstück ist aber sicher der riesige Dampfkessel der Seilbahn.
Nach einer Stunde rumirren im Wald :) gings dann wieder zurück auf den Trail, die Etappe war zwar kürzer aber dafür umso anstrengender.
Ein Steilstück nach dem anderen stellte sich in den Weg, die Vegetation hat sich komplett verändert, es war moosig und der Nadelwald gewann die Überhand, wie in einem Märchenwald. Leider bedeutet das auch, dass der Boden sich in einen Sumpf verwandelt hat und man bis über die Knöchel im Matsch stand.
Auch das ging vorbei aber es war ziemlich ermüdend.
Die Baumgrenze kommt immer näher und man kann schon die ersten Felsen sehen, nach einer langen, langen, letzten Meile kamen wir dann an der Rangerstation vorbei, also ist es nicht mehr weit bis zum Sheep Camp.
Das Camp war toll, eine saubere Hütte in gutem Zustand und gute Zeltplätze mit Holzbanketts die vor dem sumpfigen Boden schützten waren ausreichend vorhanden.
Sheep Camp ist riesig, da immer nur 50 Personen pro Tag über den Pass dürfen!
Das wird bei bedarf von den Rangern kontrolliert und geregelt, somit müssen alle nicht angemeldeten oder überzähligen Personen im Sheep Camp übernachten.
Hier trafen wir endlich wieder mal auf humanitäre Lebensformen, drei Kanadier und zu später Stunde kamen noch zwei Deutsche dazu.
Wir kochten zusammen in der Hütte und unterhielten uns noch ein wenig, später am Abend besuchte uns nochmal der Ranger und gab uns Tips für den nächsten Tag bezüglich Wegfindung und Beschaffenheit des Trails über den Pass.
Da bereits Schnee lag - garnicht so verkehrt!


Sheep Camp - Summit - Happy Camp

Heute sind wir früh raus da wir eine doppelte Etappe vor uns hatten.
Nach dem allmorgentlichen Prozedere (Zelt abbauen, Wasser filtern und kochen für Milch, Müsli runterwürgen, Rucksack packen,...) gings los. Erstmal raus aus dem Wald, dann über wegloses Blockgelände (Steinmännchen) und später über Altschneefelder bis zu einem Steilaufschwung, hier begann es wieder zu regnen.

Nach einer kurzen Rast stiegen wir dann über mehrere steile Rücken auf bis zu den "Scales", hier befanden sich früher die grossen Waagen, jede Gruppe die über den Pass wollte musste 1 Tonne Material und Verpflegung für ein Jahr dabei haben. Das heisst das eine Gruppe mit ca 6 Trägern ca 12-15 Mal den Trail bis hierher machen musste, oder eben das Geld hatte für die Seilbahn in Canion City. Das Material wurde oben gelagert, alles wurde von der Polizei genauestens kontrolliert. Es liegen noch massenhaft Überbleibsel dort herum.

Direkt hinter den Scales befindet sich der berühmteste Teil des Trail die "Golden Stairs", ein ca 300m hoher, sehr steiler Hang mit Blockgelände. Den Namen bekam das Teilstück durch 2 findige Männer die in einer Nacht über die gesamte Länge des Hangs, mit Pickel und Schaufel bewaffnet, Stufen in das Eis geschlagen haben und am nächsten Morgen für das benutzen ihrer Stufen ordentlich abkassiert haben. Alle die kein Geld dafür hatten, sind über den steilen Schneehang hochgekrabbelt oder wieder runtergerutscht :)

Kurz nach den golden Stairs kommt man dann zu einer kleinen Schlucht, die man hochklettern muss. In einer der vielen Durchgänge in der Schlucht befindet sich noch die alte Stahlseilwinde der Seilbahn (wie haben die das Teil da hin bekommen???) hat man das auch noch hinter sich gelassen, kommt man auf den Gletscher und nach kurzer Zeit kann man schon die Hütte am Summit sehen. Wir haben ca 3,5 Stunden gebraucht.

Hier haben wir 1 Stunde Rast gemacht und auf die Anderen gewartet.
Der Abstieg geht über eine steile Schneewand die komplett gefroren war, sie endet direkt in einem See mit ca 2 Meter Differenzhöhe vom Gletscherabbruch (besser nicht ausrutschen).
Lustig war es, zuzusehen wie einer der Deutschen den Hang runterkam, er hatte nur Turnschuhe dabei ???

Die Landschaft hat sich innerhalb kurzer Zeit komplett verändert, kein Wald mehr nur noch weite Steinwüste mit Gras durchsetzt, einfach traumhaft.
So gehts vorbei an verschiedenen Bergseen und Schluchten bis zum Happycamp, ein schöner Plaz mit grossem Shelter und guten Zeltplätzen. Leider ist das Tal voll dem Gletscherwind ausgesetzt und es ist wirklich kalt, hinzu kommt noch der Sprühregen der nicht aufhört, das Wasser vom See verdampft  und kommt sofort wieder runter. Gehzeit ca 2,5 Stunden.
Wir übernachteten mit den Kanadiern im Happycamp, was sehr lustig war. Die Deutschen kamen erst 1,5 Stunden später an und wollten noch bis ins nächste Camp laufen, was sie auch getan haben, wie wir später erfahren haben. Sie sind angeblich in der Nacht dort angekommen.


Happy Camp - Deep Lake - Lindeman City - Bare Loon Lake

Heute sind wir in einer traumhaften Landschaft an Seen und Felsen vorbei am Deep Lake Campground bis nach Lindeman City, dort haben wir Rast in einer der Hütten gemacht (unzählige Warmingshelter und Hütten befinden sich hier), anschliessend gings dann weiter bis zu unerem Camp Bare Loon Lake, das eine einzige Idylle war.
Schöner hätte es nicht sein können, ein wunderschöner See, lichter Nadelwald und felsdurchsetzter Boden. Das alles bei schönem aber windigem Wetter. Die Stimmung steigerte sich rapide. Hier trafen wir auf die drei Kanadier und auf vier weitere Wanderer (2 Kanadier und 2 Schweizer), wir assen alle zusammen im grossen, offenen Kochunterstand, anschliessend begossen wir noch den Abend mit unseren letzten Rumreserven und etwas Schnaps.
Bis Lindemann waren es ca 2,5 Stunden und bis Bare Loon lake nochmal 2,5 Stunden.


Bare Loon lake - Lake Bennet

Wir trennten uns von unserer neuen Bekanntschaft da sie den Cut Off Trail nach Log Cabin gingen, die Kanadier gingen noch bis Bennet. Wir haben beschlossen nach Bennet zu gehen und anschliessend auch noch den Weg nach Log Cabin zu Fuß zurück zu legen.
Der Weg nach Bennet ist nicht so weit aber sehr unangenehm zu gehen da er eine sehr lange Etappe auf weichem Sand beinhaltet, man glaubt es kaum wie oft sich die Landschaft auf dem Chilkoot Trail komplett verändert, auf dem Weg nach Bennet denkt man ist im Badeurlaub am Meer. (überall feiner brauner Sand)
Nach ca 3 Stunden kamen wir in Bennet an. Als wir den Bahnhof sahen gabs kein halten mehr, nur noch ein Gedanke ging uns durch den Kopf, Kaffee und Kuchen :)
Leider stellte sich heraus, dass das Gasthaus im Bahnhof nur für die Leute ist die mit dem Zug hierherkommen, essen, und wieder fahren. Zusätzlich stellte sich heraus, dass dies der letzte geöffnete Tag in dieser Saison war und ca 1,5 Stunden nach unserer Ankunft die Leute mit samt der Bahnhofs Crew, für dieses Jahr von hier verschwanden. Wir bekamen im Hinterstübchen aber dann doch noch einen Kaffee und Kuchen.

Gestärkt verabschiedeten wir uns von den nun auch eingetroffenen Kanadiern, die mit dem Zug nach Log Cabin fuhren. Irgendwie habe ich sie beneidet da der Weg nach Log Cabin nicht wirklich nett zu gehen ist.
Wir waren nun komplett alleine in Bennet, alle sind abgehauen. Wir gingen also zurück zum Lagerplatz, Zelt aufbauen Lebensmittel auspacken und auf den Bearpoles aufhängen und chillen. Und siehe da, wer uns da besucht, Onkel Pez persönlich! Ein junger Schwarzbär kam angeschlichen, kaum hörbar schnüffelte er über die Böschung runter auf uns zu, das Herz pochte und der Bärenspray war bereit. Da der Bär immer näher kam machten wir auch Gebrauch davon und es hat Wirkung gezeigt. Nach ca 5 Minuten mit Puls 200, entfernte er sich wieder vom Zelt und wir waren wieder beruhigt.

Nach dieser überraschenden Begegnung kam es uns gelegen, dass ich kurz vorher, den Trapper, der eine kleine Hütte neben der alten Holzkirche bewohnte, kennengelernt habe. Es stellte sich heraus, dass er ein ausgewanderter Österreicher ist und somit ein Landsmann von uns war. Dies freute den Mann sehr und er lud uns gleich in seine Hütte ein.
Wir nahmen die Einladung dankend an und marschierten gleich los. Als wir in sein Heim eintraten staunten wir nicht schlecht über die gemütliche Hütte, anschliessend gabs dann auch gleich eine warme Krautsuppe, die er für uns gekocht hatte und als Nachtisch einen Kakao. Die Stimmung war sehr gut und wir haben uns noch lange unterhalten. Bevor wir uns verabschiedeten zeigte er uns noch sein gesamtes Hab und Gut und führte uns noch ein wenig in Bennet und auf seiner Trappline herum.


Bennet - Log Cabin

Nach einer unruhigen, kalten Nacht und leichten Verbrennungsgefühlen vom Bärenspray gings dann früh am Morgen los zur letzten Etappe.
Der monotone Weg über die Schienen wollte nicht enden, doch jede Reise hat ein Ende und so kamen auch wir nach ca 3 Stunden (gefühlte 8 Stunden) in Log Cabin an.
30 Minuten später kam auch schon Tobi an und brachte uns zurück nach Whitehorse auf den Robert Service Campground, Fahrtzeit ca 1,5 Stunden.

Hier war dann ein Ruhetag angesagt bis unsere Freunde ankamen und wir den big Salmon River in Angriff nahmen,...


Fazit

Den Trail kann ich uneingeschränkt empfeheln, jedoch würde ich 2 Wochen früher starten, da die Temperaturen eher unangenehm waren und das Wetter schon ziemlich feucht war.
Für alle historisch interessierten ist der Chilkoot Trail die erste Wahl, da man von einem ereignisreichen Platz zum nächsten wandert.
Die Schwierigkeiten befinden sich alle auf der US Seite, dafür ist die kanadische Seite um so schöner.
Man kann den Trail auch in weniger Tagen begehen, das bedeutet weniger Gewicht im Rucksack, dafür aber längere Tagesetappen.
Die landschaftlichen Kulissen wechseln täglich in verschiedenste Arten.